Brexit from the online world perspective
Medienverbrauch

Brexit aus der Perspektive der Online-Welt

Brexit stellt sowohl eine Tatsache als auch ein Hindernis für alle EU-Unternehmen dar – insbesondere für diejenigen, die auf dem britischen Markt tätig waren oder mit britischen Lieferanten zusammengearbeitet haben. Leider bildet die Online-Branche hier keine Ausnahme. Małgorzata Jankowska-Blank von Gemius schreibt über den Brexit aus der Perspektive der Online-Welt.

Auch wenn es derzeit schwierig ist, vorherzusagen, wie das Kooperationsmodell zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union nach den Austrittsverhandlungen aussehen wird, lassen sich dennoch eine Reihe der wichtigsten Konsequenzen feststellen, die abgesehen von den rein wirtschaftlichen Auswirkungen alle EU-Unternehmen betreffen werden – einschließlich derjenigen, die im digitalen Markt tätig sind.

Ihr Digitaler Binnenmarkt

Eine Reihe von Initiativen, die derzeit von der Europäischen Kommission entwickelt werden und gemeinsam als „Digitaler Binnenmarkt“ bekannt sind, werden das Vereinigte Königreich nicht mehr betreffen. Diese Initiativen sollen es EU-Unternehmen erleichtern, im digitalen Markt mit nicht-europäischen Wettbewerbern zu konkurrieren. Allerdings haben viele Unternehmen ihre europäischen Niederlassungen in Großbritannien, da der britische Markt selbst von entscheidender Bedeutung für europäische Unternehmen ist – insbesondere wegen des Verhältnisses der Ausgaben für Online-Werbung.

Verträge

Das größte Risiko betrifft langfristige Verträge, die die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus der EU und ihren britischen Partnern regeln. Zumindest Verträge, die Datenverarbeitungs-, Analyse- oder Werbedienstleistungen betreffen, die von britischen Unternehmen erbracht oder für den britischen Markt bereitgestellt werden, müssen auf ihre Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht überprüft werden, da sich dieses möglicherweise ändern wird. Das bedeutet zusätzliche Kosten – insbesondere in der Zeit der Unsicherheit, bevor die genauen Austrittsbedingungen feststehen. Es wird ratsam sein, die Regeln sorgfältig zu beachten, insbesondere bei Produkten oder Dienstleistungen, die direkt an britische Verbraucher geliefert werden. In Bezug auf rein praktische Probleme – bei Handelsverträgen werden auch Fragen im Zusammenhang mit Wechselkursen wichtig sein. Wenn die Vertragswährung Euro ist und der Vertrag die Erbringung von Dienstleistungen für zwei Märkte, einschließlich des britischen Marktes, vorsieht, wird es interessant. Ausgehandelte Verträge müssen „Umrechnungsklauseln“ enthalten oder eine Option zum Vertragsrücktritt bieten, falls der Vertrag unrentabel wird. Für bereits geschlossene oder laufende Verträge stellt sich für Anwälte auch die grundlegende Frage, ob Brexit als höhere Gewalt betrachtet werden kann. Es erscheint zwar unwahrscheinlich, aber da es durchaus üblich ist, dass Vertragsklauseln staatliche Maßnahmen beispielsweise als Fälle höherer Gewalt anerkennen, ist die Antwort nicht klar. Derzeit scheinen dies Szenarien zu sein, in denen eine Partei, die sich auf höhere Gewalt beruft, den Vertrag kündigen möchte.

Personenbezogene Daten

Die Nutzung personenbezogener Daten stellt ein interessantes Szenario dar. Es ist zu beachten, dass die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 in Kraft tritt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verordnung auch im Vereinigten Königreich Anwendung findet, da nicht genügend Zeit für einen Austritt vor Inkrafttreten bleibt. Nach dem Austritt aus der EU könnte das Vereinigte Königreich jedoch als Drittland gelten, mit all den damit verbundenen Folgen. Das bedeutet, dass es möglicherweise kein Rechtsakt gibt, der die Verarbeitung personenbezogener Daten auf einem von der DSGVO garantierten Niveau regelt, oder dass das Schutzniveau unzureichend ist. Um Waren und Dienstleistungen für EU-Bürger anzubieten oder sogar ihr Verhalten zu überwachen, müssen Unternehmen aus Großbritannien oder solche mit britischen Niederlassungen, die den europäischen Markt bisher von dort aus bedient haben, die Anforderungen der DSGVO erfüllen. Andererseits unterliegen europäische Unternehmen, die personenbezogene Daten an in Großbritannien ansässige Stellen übermitteln, den Vorschriften über die Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland. Höchstwahrscheinlich wird die Europäische Kommission per förmlicher Entscheidung anerkennen, dass das Vereinigte Königreich ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet, aber bis dahin wird die Übermittlung von Daten nach Großbritannien zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erfordern, z.B. verbindliche Unternehmensregeln oder Standardvertragsklauseln.

Rechtsstreitigkeiten und Entscheidungen

Nicht jede Zusammenarbeit verläuft reibungslos. Die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in den EU-Mitgliedstaaten erleichtert die Durchsetzung von Forderungen, einschließlich von Unternehmensschulden. Großbritannien wird nach dem Austritt aus der EU nicht mehr Teil dieses Mechanismus sein, sodass EU-Unternehmen von Anfang an mit höheren Kosten rechnen müssen. Angesichts dessen könnte die Schiedsgerichtsbarkeit an Bedeutung gewinnen, als eine alternative Methode der Streitbeilegung.

Geistiges Eigentum

Das britische Recht zum geistigen Eigentum basiert derzeit auf EU-Recht. In welche Richtung es sich zukünftig entwickeln wird, ist jedoch unklar. Europäische Unternehmen müssen Schutzrechte für Marken, Patente und Designs in Großbritannien separat beantragen. Die einheitlichen Verfahren, die für die EU geschaffen wurden, gelten nicht mehr für das Vereinigte Königreich.